Eine der ersten Partien dieser WM nahm plötzlich ein jähes Ende: Der dänische Spieler Christian Eriksen bricht auf dem Spielfeld zusammen und bleibt reglos liegen.
Sofort beginnen Notärzte mit der Reanimierung. Eriksen wird Minuten später vom Platz getragen. Stunden später die Meldung: Eriksen ist wach, ansprechbar und stabil. Die Diagnose ist seitens der UEFA noch nicht endgültig bestätigt, doch vieles deutet auf ein akutes Herzproblem hin.
Seit vielen Jahren beobachte ich nun diese dramatischen Fälle im Spitzen- und Breitensport und die mediale Berichterstattung. Ich höre, wie Forderungen nach besseren Screenings erhoben werden und auch nach einer optimierten medizinischen Betreuung und Notfallversorgung. Viele dieser Forderungen sind mittlerweile umgesetzt, und gerade bei Sportgroßereignissen ist die notärztliche Betreuung in der Regel von hoher Qualität.
Aber meine Perspektive auf die beinahe tödliche und für alle Beteiligten und Zuschauenden schockierende Situation, die sich live im Fernsehen abspielte, ist eine andere: Endlich redet die ganze Welt und vor allem die Weltpresse über ein Thema, das eben nicht nur auf den Spitzen- und Profisport beschränkt ist. Das aus meiner Sicht Tragische ist, dass in Deutschland jedes Jahr Hunderte Menschen in Sporthallen und auf Sportplätzen, in Schwimmbädern und bei Marathonläufen ähnliche oder sogar schlimmere Schicksale erleiden wie Christian Eriksen. Wie viele genau es sind, erfasst leider keine Statistik. Auch berichtet kein Fernsehsender über diese Sportler*innen und nur selten eine Zeitung.
Christian Eriksen erhielt umgehend ärztliche Hilfe und sein Herzrhythmus wurde mithilfe eines Defibrillators wiederhergestellt. Das hat ihm vermutlich das Leben gerettet. In den Sportstätten der Bundesrepublik – dort wo viele Millionen Menschen Breitensport treiben – ist jedoch aus verständlichen Gründen nur in Ausnahmefällen ein Arzt vor Ort. Auch Defibrillatoren sind eher selten vorhanden. Und so ist das Risiko für Sportlerinnen und Sportler, im Falle eines Herzstillstands zu versterben, dort deutlich höher.
Was ist nun zu tun?
Ich bin überzeugt, dass viel getan werden kann, um das Risiko für herz-kreislaufbedingte Todesfälle im Sport zu reduzieren: Zum einen rate ich jedem sportlich aktiven Menschen, speziell Wiedereinsteigern, sich sportärztlich untersuchen zu lassen und nach akuten Infektionen bzw. Fieber erst nach vollständiger Genesung wieder Sport zu treiben. Die Sportvereine und -anbieter müssen sicherstellen, dass Übungsleitende regelmäßig in erster Hilfe geschult werden – auch dies hat das beherzte Eingreifen von Eriksens Mannschaftskapitän uns vor Augen geführt. Meine Hauptforderung aber ist folgende:
In jeder Sportanlage muss ein Laien-Defibrillator zugänglich und einsatzfähig sein!
Die Übungsleitungen müssen darauf geschult werden, wie sie zu bedienen sind. Diese Geräte retten Menschenleben – also keine Angst vor ihrer Benutzung!
Ein persönliches Wort zum Schluss:
Für mich ist es vollkommen unverständlich, dass das Spiel zwischen Dänemark und Finnland wieder angepfiffen wurde. Und dass die Verantwortlichen überhaupt Christian Eriksen und seine Mannschaftskameraden gefragt haben, ob sie sich eine Fortsetzung wünschen, spiegelt wider, wie wenig die Funktionäre sich in die Lage der Sportler hineinversetzt haben. In einer solchen Situation hat der Betroffene ein Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Und die Augenzeugen eines solch traumatischen Ereignisses sind ganz sicher nicht in der Lage, eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Auch bei den Profis gibt es also in puncto Sicherheit noch einiges zu tun…