Räumlich und inhaltlich nah: Mit der Stadt Bochum – zugleich Sitz der Stiftung Sicherheit im Sport – verbindet die Stiftung einiges. Begutachtungen, Beratungen und gemeinsame Projekte geschehen seit einem Jahr auf einer vertrauensvollen Basis.
Achim Paas, Leiter des Referats für Sport und Bewegung der Stadt Bochum, blickt mit uns auf die Zusammenarbeit.
SSiS: Üblicherweise wählen wir einen lockeren Gesprächseinstieg und fragen unsere Gesprächspartner*innen, ob sie sich beim Sport schon einmal verletzt haben …
Achim Paas: Ach, lassen Sie uns anders einsteigen. Nämlich damit, wie die Stiftung überhaupt den Kontakt zu uns aufgenommen hat. Im Mai 2021 ereignete sich auf der Discgolf-Anlage im Volkspark Langendreer ein Unfall: Ein Mann war von einer Disc-Golf-Scheibe über dem Auge getroffen worden. Das ging durch die Lokalmedien. Die Stiftungsmitarbeiterin Lisa Schiemenz rief uns an und sagte: Sollen wir uns das mal anschauen? Das war die erste Berührung mit der Stiftung, aus der bis heute viele Verästelungen entstanden sind.
Wir hätten aber das freundliche Angebot nicht angenommen, wenn die dahinterstehende Organisation privatwirtschaftlich geführt gewesen wäre und Gewinninteressen gehabt hätte. Die Stiftung ist jedoch nicht gewinnorientiert, sondern neutral. Somit konnten wir uns von vornherein auf einen unabhängigen Blick verlassen.
SSiS: Wie konnte es zu diesem Discgolf-Unfall kommen?
Achim Paas: Die Stelle, an der der Unfall sich ereignete, war gut einsehbar. Der Grund der Verletzung war letztlich menschliches Versagen. Aber obwohl der Unfall nicht auf planerische Mängel der Bahn zurückzuführen war, enthielt die Anlage dennoch eine Reihe von Stellen, die das Unfallrisiko erhöhten, was uns die Stiftung in ihrem Gutachten herausgearbeitet hat.
Nach dem Unfall haben wir die Anlage sofort gesperrt. Die Stiftung hat über die Pläne geschaut und uns die Defizite benannt, die sie aus ihrer Sicht enthielten. Dann hat sie sich mit dem Planer zusammengesetzt und ausgearbeitet, wie die Anlage sicher nachgebessert werden kann. Damit wiederum sind wir in die Politik gegangen und haben uns die Situation vor Ort angeschaut. Stand jetzt ist, dass die Maßnahme ausgeschrieben ist. Wenn eine Firma gefunden ist, geht es an die Umsetzung der Veränderungen. Natürlich: Wenn zukünftig jemand wieder an der falschen Stelle steht oder ein Discgolfer die geltenden Sicherheitsregeln missachtet, kann die beste Anlage keinen Unfall vermeiden. Aber wir versuchen die neuralgischen Punkte zu entschärfen.
SSiS: Nun wurde die Anlage ja vor der ersten Inbetriebnahme auch von einem*einer Planer*in konzipiert …
Achim Paas: Wenn wir Anlagen planen, ist selbstverständlich immer ein Fachplaner dabei. Wir haben aber gelernt, dass Anlagen, die keine 08/15-Sportplätze sind, einen zweiten Blick benötigen. Das haben wir uns für neue Anlagen vorgenommen, lassen aber auch einen zweiten Gutachter auf bestehende Anlagen schauen.
Dazu kommt: Die Stadt Bochum plant verstärkt multifunktional. Wir müssen einerseits Sport draußen ermöglichen, das haben wir durch Corona gesehen. Und wir wollen auch weitere Nutzungen ermöglichen. Ein Kunstrasenplatz für den Fußball ist toll – noch toller ist er, wenn eine kleine Trampolinanlage daneben installiert ist. Da gibt es niedrigschwellige Formate, besonders auch für den informellen Sport. Aber das erfordert eine ganz andere Bewertung der Sicherheit.
SSiS: Die Stiftung berät das Referat für Sport und Bewegung der Stadt Bochum auch bei anderen Projekten, Bestands- sowie Neubauprojekten. Welche sind das?
Achim Paas: Es geht immer um Projekte, bei denen wir Bauherr sind – und dabei in der Hauptsache um Verkehrssicherungspflichten der Anlagen. Denn diese sind ja 24 Stunden am Tag für die Bürger*innen geöffnet. Ein Beispiel: An der Innenstadtperipherie entsteht in den nächsten Jahren das so genannte City-Tor Süd, ein großes Areal, das neben Hotel und Kultureinrichtungen auch eine Urban Sports Anlage umfassen soll. Hier sind die unterschiedlichen Referate der Stadt Bochum beteiligt, das Bauordnungsamt, das Umwelt- und Grünflächenamt, die Stadtplanung. Die Stiftung schaut über den Anteil, den wir als Bauherr verantworten.
SSiS: Ist das Modell der Zusammenarbeit nicht auch eine Blaupause für andere Kommunen?
Achim Paas: Ja, absolut. Wir machen bereits Werbung für die Beratungs- und Begutachtungsleistungen der Stiftung und denken in der Tat, dass ein weiteres, neutrales Augenpaar bei Planungsprozessen von Sportanlagen absolut sinnvoll ist.
Und die Zusammenarbeit geht ja noch weiter: Im Jahr 2023 werden wir insgesamt drei Kolleg*innen unseres Referates von der Stiftung fortbilden lassen: zur Befähigten Person zur Prüfung von Sportstätten und Sportgeräten. Damit können wir diese Prüfungen zukünftig selbst durchführen und müssen sie nicht extern vergeben. Die Stiftung leistet damit Hilfe zur Selbsthilfe.