Wie sichere Sportstätten aussehen können? Man muss nur die Menschen fragen, sagt Prof. Dr. Robin Kähler.
Sportstätten müssen sicher sein. Aber was ist Sicherheit eigentlich genau?
Sicherheit ist zum einen etwas ganz Persönliches. Ich fühle mich sicher, wenn die Sportstätte mit ihrer Einrichtung und ihren Geräten auf mich einladend, wohltuend und freundlich wirkt. So, dass ich mich darin auch frei und geschützt fühlen und mich darin bewegen kann, wie ich es mir zutraue. Das setzt, zum anderen, auch eine objektive, nach bestimmten Kriterien geprüfte bautechnische Sicherheit der Sportstätte voraus. Die Sicherheit von Sportstätten ist daher aus Sicht des Menschen umfassend, dialogisch zu sehen. Der Raum wirkt auf die Bewegungswünsche, -empfindungen und physischen Bewegungen des Menschen, der Mensch setzt sich auch mit dem Raum über Bewegung auseinander. Das ist immer auch ein Thema von sich sicher fühlen und sicherer Umgebung.
Wie kann eine subjektive und objektive Sicherheit gelingen?
Das subjektive Sicherheitsgefühl kann ich durch vielseitige, auch herausfordernde Bewegungserfahrung stärken. Dabei helfen Eltern, Lehrpersonen, Vereinsübungsleiter*innen mit ihrer Erfahrung und Umsicht. Es braucht aber auch eine Sportstätte, die eine positive, sichere Atmosphäre schafft. Die meisten unserer Sportstätten strahlen genau das Gegenteil aus, sie wirken unfreundlich, rein funktional, ungesund und abweisend auf den Menschen. Die sportlich sehr aktiven Menschen sehen dies allerdings anders, weil die Sportstätte genau ihren sportfunktionalen, wettkampfgerechten Normen entspricht. Ich plädiere aber dafür, gerade aus Sicherheitsgründen die Sportstätten menschenfreundlicher, kreativer zu bauen und zu gestalten, damit sie für alle Menschen geeignet ist.
Worauf muss man in Punkto Sicherheit bei Sportstätten besonders achten?
Bevor wir in die Zukunft schauen, müssen wir uns erst einmal den derzeitigen Sanierungszustand der meisten unserer kommunalen Sportstätten anschauen. Sprungmatten sind zu alt und zu weich und provozieren Verletzungen, Hallenböden haben Risse, Löcher und Unebenheiten, abgesenkte Bodenhülsen sind Stolperfallen, der Prallschutz fehlt oder ist defekt, die Lüftung geht nicht oder schlecht, die Deckenbeleuchtung ist teilweise defekt, was die Sicht der Sportler*innen beeinträchtigt, in vielen Hallen ist die Akustik unzumutbar, die sanitären Anlagen sind unhygienisch, es gibt keine Barrierefreiheit, die Sportgeräte sind veraltet oder, wie in den meisten Grundschulen, durch die kleinen Schüler*innen kaum verletzungsfrei zu handhaben, die Pflege der Anlage ist nicht sachgerecht usw. – da gibt es zahlreiche Schäden und technische Probleme, die alle sicherheitsrelevant sind und die Bewegung der Menschen riskant machen. Zunächst müssen die derzeitigen Sportstätten überhaupt sicher nutzbar sein!
Hierfür brauchen wir ein besseres Mängelmanagement. Jede*r Sportlehrer*in, jede*r Hausmeister*in und auch die Schüler*innen sollten auf Mängel achten, und die Mängel sollten von der Kommune oder dem Verein sofort behoben werden, nicht erst nach Monaten, wie es in vielen kommunalen Verwaltungen leider oft die Praxis ist.
Und wie stellen Sie sich die Zukunft der Sportstätten vor?
Wir haben in den vergangenen einhundert Jahren fast immer nur Sportstätten gebaut, die glatt und klinisch sind. Das halte ich nicht für gesund, weil sie nicht von den menschlichen Bedürfnissen und Erfahrungen ausgehend geplant wurden, sondern von einer bauphysikalischen Architektur. In Zukunft sollten wir das Thema Sicherheit von Sportstätten vielmehr vom Menschen aus betrachten. Wie können die Umkleiden sicherer werden, wie komme ich an die Haken heran? Sind die Duschen barrierefrei? Wie ist es um die Geräteräume bestellt: Gehen die Tore problemlos auf? Ist der Mattenwagen zu schwer? Ist die Halle hell, gut belüftet, die Akustik angenehm, brauchen wir die schweren Geräte noch, finden auch die weniger bewegungsbegabten und -freudigen und beeinträchtigten Menschen geeignete Geräte und Räume vor?
In Neubauten können wir von vornherein ganz andere Bewegungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Kinder sollen z.B. auch balancieren, springen, schwingen, mit Bällen, Rollen und Ähnlichem aus dem Bereich Zirkusspiele arbeiten können. Das Sicherheitsverständnis muss viel umfassender werden und sich auch mehr an der Gesundheit des Menschen orientieren.
Lassen Sie uns neue, wirklich wohltuend sichere Sporträume bauen.
Zur Person:
Prof. Dr. Robin Kähler ist Vorsitzender der Internationalen Vereinigung Sportstätten und Freizeiteinrichtungen (IAKS), Deutschland. Der Experte für Sportentwicklungsplanung, Sportstättenplanung und Freiraumplanung ist zugleich Mitglied im Sprecherrat der Kommission Sport und Raum in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). Als Hochschullehrer leitete er zuletzt den Arbeitsbereich Sportökonomie/Sportsoziologie am Institut für Sportwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.